mein-nest-in-tanti

raúl serviert mate. mate ist das getränk, und auch das trinkgefäß wird mate genannt. es besteht aus einer ausgehöhlten kalebasse, wird aber auch aus holz angefertigt, kuhhörner dienen als mategefäß, ein keramikbecher erfüllt den gleichen zweck. unseren mate hat raúl beim verlassen seiner heimat anfang der 70er jahre mitgenommen, ist also ein echtes antiquariat ;)

wir trinken unseren mate spätnachmittags und nur einmal täglich. denn mate ist hier immer und überall gegenwärtig. beim einkaufen in den geschäften wird mate von angestellten und inhabern getrunken, an der kasse beim bezahlen wird noch schnell ein schlückchen genommen, autofahrer bekommen vom mitfahrer mate gereicht, besonders hier wird der mate mit allem zubehör mit an den fluß genommen, auf grünflächen und schattigen plätzen im sommer sitzen leute und trinken mate.

folgender text beschreibt,

warum der mate nicht nur ein getränk ist
von Javier Luis Guastavino

der mate ist kein getränk. gut, doch. es ist eine flüssigkeit und geht in den mund hinein. ist aber kein getränk.

in diesem land (argentinien) trinkt niemand mate, weil er durstig ist. es ist eine gewohnheit, wie sich zu kratzen.

der mate löst genau das gegenteil von fernsehen aus: du unterhältst dich, wenn du mit jemand zusammen bist, und du denkst nach, wenn du allein bist.

wenn jemand zu dir nach hause kommt ist die erste frage "hallo wie geht´s" und die zweite "ein paar mate?"

so ist es in allen haushalten, egal ob arm oder reich.

so ist es bei klatschtanten, und so ist es bei seriösen oder jungen männern.

so ist es bei den alten im seniorenheim und bei jugendlichen während sie studieren.

es ist das einzige, bei dem eltern und kinder sich weder streiten noch gegenseitig vorwürfe machen.

gemäßigte und radikale servieren sich mate ohne zu fragen.

im sommer und im winter.

es ist das einzige das opfer und richter verbindet, die guten und die bösen.

wenn du einen sohn hast, bekommt er mate, sobald er danach verlangt.

du gibst ihm den mate lauwarm und mit viel zucker, und er fühlt sich groß.

es erfüllt dich mit großem stolz, wenn dein kleiner zwerg anfängt, mate zu trinken.

dein herz will dir zerspringen.

später, mit den jahren werden sie mate bitter, süß, sehr heiß, oder kalt, mit orangenschalen, mit kräutern, mit ein paar tropfen zitrone usw. trinken.

wenn du jemanden kennenlernst, lädst du ihn zum mate ein.

man fragt, wenn man nicht sicher ist: " süß oder bitter?" der andere antwortet: "so wie du ihn trinkst".

die tasten der tastaturen in argentinien sind voller mateflecken.

mateblätter ist das einzige, das es immer gibt, in allen haushalten. immer. bei inflation, bei hunger, bei mitlitärregierung, bei demokratie, bei jeder unserer pesten und ewigen verfluchungen.

und wenn eines tages keine mateblätter da sind, der nachbar hat sie und gibt sie dir. mateblätter verweigert man niemals und niemandem.

argentinien ist das einzige land der welt, in dem die entscheidung an einem speziellen tag fällt, von einem jungen zu einem mann zu werden. nichts von wegen langer hosen, beschneidung, uni oder entfernt von den eltern zu leben.

hier werden wir an dem tag erwachsen, an dem wir die notwendigkeit fühlen, das erste mal ein paar mate zu trinken, ALLEIN. das ist kein zufall. es ist nicht nur so.

der tag, an dem ein kind den wasserkessel aufsetzt und seinen ersten mate trinkt und keiner ist zu hause, in dieser minute, da hat es entdeckt, daß es eine seele hat. oder es zittert vor angst, oder es ist über beide ohren verliebt, oder so, aber es ist nicht irgendein tag.

keiner von uns erinnert sich an den tag, an dem er zum ersten mal mate allein trank. aber es muß für jeden einzelnen ein ganz wichtiger tag gewesen sein. revolutionär.

der einfache mate ist nicht mehr und nicht weniger als ein wertemaß.

es ist das akzeptieren eines wässrigen mates, weil das gespräch gut ist. das gespräch, nicht der mate.

es ist die geduld, zuzuhören und sprechen zu lassen, du sprichst während der andere trinkt und umgekehrt.

in aller offenheit sagen zu können: jetzt ist gut! nimm neuen mate! (wechsle die mateblätter)

es ist gelebte kameradschaft.

das gefühl für kochendes wasser. (der mate wird nie mit kochendem wasser aufgegossen!)

ohne scheu ganz dumm zu fragen: "er ist heiß, nicht wahr?"

die verpflichtung wenigstens einmal am tag "danke" zu sagen. (es wird so lange mate gereicht, bis man "danke" sagt)

nun weißt du: ein mate ist nicht nur ein mate.....

"...soll ich wasser aufsetzen?"